[M]eine Kreisgeschichte (31)
Irgendwann hörte ich Trommeln und empfand ein intensives Ziehen in Bauch und Herz. Dieses Gefühl war mir bekannt, Eifersucht.
Bis vor einer Sekunde war ich wütend auf Martin gewesen. Urplötzlich, in der anderen Sekunde kreierte mein Verstand eine Geschichte Martin würde mich ausnutzen und er sei sowieso viel zu jung für mich und er würde mich genau deshalb bestimmt irgendwann verlassen, um sich eine Jüngere, weniger hysterische Freundin, zu suchen. Während ich dort räumte, kam ein Camp-Teilnehmer vorbei. Er fragte mich, ob er mir helfen könne, was ich dankbar bejahte. Im Gegenzug fragte ich ihn, ob er wüsste, wer dort trommelte. Obwohl ich die Antwort bereits erahnte, zog sich mein Inneres zusammen als er mir sagte, die Trommelnden wären Martin und eine andere Camp-Teilnehmerin.
“Also doch”, dachte ich mir. In den folgenden zwei Tagen war ich kaum in der Lage mich auf die Arbeit zu konzentrieren. Teile von mir waren ständig damit beschäftigt Martin zu provozieren und zu kontrollieren. Am dritten Tag hatte ich von meinem eigenen Verhalten die Nase endgültig voll.
Wir trafen uns zu einem Zwiegespräch in der Jurte. Wir saßen dort bestimmt eine Stunde und erklärten einander unsere Gefühle, was zur achtsamen Beendigung unserer Liebesbeziehung führte. Ab diesem Zeitpunkt war ich dann “out-off-order”. Während der Dreharbeiten war ich auf „Autopilot“ gestellt, da ich ansonsten die ganze Zeit mit Weinen verbracht hätte.
Hokuspokus Heimreise
Die letzten Stunden meines Irlandaufenthaltes waren von Melancholie geprägt. Zum feierlichen Ende des Camps wurde beschlossen den Nicht-Einheimischen eine echt irische Pub-Nacht zu zeigen.
Mitten im irischen-nowhere befand sich ein kleines Haus. Ungefähr zehn Autos parkten davor. Der Eingang des Pubs wurde umrahmt von zwei völlig eingestaubten Schaufenstern, die ungefähr zu Queen-Viktoriazeiten, letztmalig mit kunstvoll drapiertem Porzellan ausstaffiert worden waren.
In diesem Augenblick ereilte mich das beeindruckenste Déjà-vu meines bisherigen Lebens. Gemeinsam standen wir dort mit Martin und Heiko vor dem Pub. Traurigkeit und Melancholie im Bauch, im Bewusstsein des Faktes, es würde unser letzter gemeinsamer Abend sein, drehte ich mich um und sah in diese Schaufenster. Im gleichen Augenblick machte sich dieses apokalyptische Gefühl in mir breit. Ich wunderte mich über diese „spezielle Art der Schaufensterdekoration“ und wie ich mich so wunderte, erkannte ich, dass ich bereits anderthalb Jahre zuvor, exakt diese Szene geträumt hatte.
Dieser Traum hatte mich damals so sehr berührt, dass ich ihn sogar einem Freund erzählte. Das markante Wiedererkennungselement zwischen Traum und jetziger Wirklichkeit, war das mit staubigem Porzellan dekorierte Schaufenster. Wie oft erträumt man sich so etwas schon?